In 5 Schritten zum Cafe Stammgast
Seien wir doch mal ehrlich, Stammgast zu sein ist eine feine Sache. Du kommst in den Laden, wirst mit einem Lächeln begrüßt und musst vielleicht nicht mal eine Bestellung artikulieren. Früh am Morgen oder nach einer durchzechten Nacht ist das wohl auch besser für alle Beteiligten. Wie selbstverständlich wird dir dein Lieblingskaffee gebracht, bei einer besonders innigen Beziehung zu deinem Stamm-Café sogar mit Special-Latte-Art gekrönt. Weitere Vorzüge des begehrten Status als Stammgast beinhalten Sitzplätze, die eigentlich keine sind, hin und wieder “besondere” Zahlungskonditionen und Zugang zum Mitarbeiter-WLAN. Wenn du dich besonders gut anstellst, steigst du vielleicht sogar in den absoluten Olymp der Cafe-Gäste auf und darfst “anschreiben” - #goals! Zwischen dir und dieser Endstufe des Vertrauens liegt allerdings ein steiniger Weg voller Herausforderungen, Fallen und Fettnäpfchen. Mit den folgenden Ratschlägen geben wir dir eine Landkarte an die Hand, mit der du das gelobte Land der Stammgäste erreichen kannst.
Sei kein Arschloch
Nein, dieser charmante Appel ist kein Leitspruch aus einer Pfadfinder-Bibel. Respekt, Empathie und Höflichkeit sind hohe Tugenden, die ohnehin viel zu wenige Menschen besitzen. Sobald sie den Fuß in eine Gaststätte setzen, scheinen jedoch selbst edle Gentlemen und -women ihre noblen Prinzipien zu vergessen. Woran diese paradoxe Verhaltensänderung liegt, ist fragwürdig. Fakt ist, dass Gastronomen und deren Angestellten oft nicht mal ein Minimum an Menschlichkeit entgegengebracht wird. Du musst bei Gott niemandem deine Lebensgeschichte aufzwingen, aber ein Gruß bei Eintritt und andere Höflichkeitsformen auf Kindergarten-Niveau sind doch nicht zu viel verlangt, oder? By the way, mit einem einfachen Lächeln und netten Worten kannst du nicht nur deine Beziehung zum Cafe-Personal, sondern auch deine eigene Laune nachweislich verbessern. Win-Win!
Gib Trinkgeld - und zwar immer
Viele Menschen missverstehen die Funktion von Trinkgeld. Dabei handelt es sich nämlich nicht um die variable Vergütung der dich bedienenden Servicekraft. Trinkgeld wird meist in einen Topf gegeben, der am Ende des Tages im besten Fall zwischen allen Serviceangestellten aufgeteilt wird. In der Realität behält die Serviceleitung jedoch oft einen Löwenanteil, manchmal sogar das gesamte Trinkgeld für sich. Du musst kein Psychologe sein, um dir den Effekt auf die Motivation des Servicepersonals zu überlegen. Wenn du das nächste Mal also ein unangenehmes Service-Erlebnis hast, schenke der fiesen “Dir zeig’ ich’s!”-Stimme keine Beachtung. Du bestrafst mit der Unterlassung von Trinkgeld nämlich meist keine Einzelperson, sondern die gesamte Truppe. Wie würdest du es finden, wenn dein variabler Bonus von der Gemütslage externer Personen abhängig wäre? Gib Trinkgeld, punkt. Es wird dich nicht arm machen.
Lass den Besserwisser daheim
Es ist wirklich schön, dass du leidenschaftlicher Kaffeetrinker und bewanderter Wein-Kenner bist. Wirklich, ich freue mich für dich. Wenn du dich in ein Restaurant oder Café begibst, solltest du deiner Leidenschaft jedoch zumindest klare Grenzen einräumen. Du wirst weder Eindruck schinden noch Sympathiepunkte sammeln, wenn du schon während der ersten Runde Getränke eine Brandrede gegen “überholte” Kaffeespezialitäten oder eine Lobeshymne über “hippe” Rebsorten loslässt. Im schlimmsten Fall wirst du für deine ungefragten, besserwisserischen Beiträge mit erhöhten Wartezeiten bestraft - und das kann den Servicekräften in diesem Fall leider niemand verübeln. Versteh mich nicht falsch - es ist völlig angebracht und teilweise erwünscht, Fragen über die Zubereitung des Kaffees oder Auswahl der angebotenen Weingüter zu stellen. Sobald die unschuldige Fragerunde jedoch in peinlichem Fakten-Flex deinerseits ausartet, halte dein Wissen lieber für das nächste Wein-Tasting oder Kaffeeverkostung zurück.
Entwickle ein Gespür für die Situation
Bisher haben wir Basics betrachtet, die deinen Status als akzeptablen Gast etablieren. Damit du nicht im weiten Meer der gelegentlichen Gäste versinkst, musst du allerdings etwas Eigeninitiative beweisen. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, Gastronomie ist eine logistische Meisterleistung. Und dabei spreche ich nicht von der Warenbeschaffung, sondern der Koordination von unbeholfenen Gästen und Querulanten. Würde die Hälfte dieser Menschen auch nur für eine Sekunde mitdenken, wäre dem Servicepersonal schon viel geholfen. An einem sonnigen Tag ist es einfach nicht cool, einen kompletten Tischn mit deinem Laptop einzunehmen und über drei Stunden hinweg an einem einzigen Espresso zu süffeln. Wenn die Gaststätte sowieso überfüllt und das Servicepersonal gnadenlos unterbesetzt ist, dauert in der Regel eben alles ein paar Minuten länger. Unter Zeitstress schmeckt das Essen sowieso nur halb so gut und der Espresso verwandelt dich in eine tickende Zeitbombe mit Adrenalinüberschuss. Schätze die Situation vor Ort ein, passe gegebenenfalls deine Erwartungshaltung an und ernte den ewigen Dank des Personals.
Entwickle und artikuliere ehrliches Interesse für das Cafe
Nun kommen wir zur Königsdisziplin. Meisterst du diese, darfst du dich mit hoher Wahrscheinlichkeit voller Stolz als Stammgast betiteln. Kommunikation mit dem Gastro-Personal erfordert die Anwendung alle bisher genannten Fähigkeiten. Wie meist unschwer zu erkennen ist, stehen Servicekräfte und Barpersonal eigentlich dauerhaft unter Zeitdruck. Bevor du deren wertvolle Zeit mit belanglosem Smalltalk verschwendest, investierst du diese Energie lieber in eine herzliche Begrüßung und zügige Bestellung. Kommunikation mit dem Servicepersonal ist ein Seiltanz, der ganz klar nicht durch dich initiiert werden sollte. Wenn die Angestellten Zeit und Redebedarf haben, werden sie dir eindeutige Zeichen geben. Ist diese magische Barriere einmal durchbrochen, solltest du mit diesem Geschenk sorgsam umgehen. Zeig authentisches Interesse für die Sorgen und Gedanken deiner Gesprächspartner, und du bist auf dem besten Weg ins gelobte Land der Stammgäste.